Ich dachte: „Ach, England. Ist ja wie in Deutschland, nur dass alle englisch sprechen und es eine Queen gibt- obwohl wir haben auch die Angi. Die geht allerdings auch lieber mit dem Chinesischen Staatspräsidenten einkaufen, als die Welt zu retten.“
Kulturschock in England?!
Als ich dann ein paar Tage hier war, hatte ich einen größeren Kulturschock als in Thailand. Vermutlich weil ich keine großen Unterschiede erwartet hatte. Die Briten fahren ja auf der linken Seite der Straße, soweit so gut, das war mir bewusst. Mir war allerdings nicht klar, dass dieses Linksgedöns in die verschiedensten Lebensbereiche implementiert wird. Hast du eine Doppeltür, lässt diese sich meistens nur links öffnen. Wie oft ich vor Seminarräumen stand, in der Annahme die Tür sei verschlossen, bis ein Landsmann wie selbstverständlich die linke Tür öffnete. Und wie oft bin ich mit voller Wucht gegen eine Tür gelaufen, um sie schwungvoll zu öffnen, um mir dann mein Knie daran anzuhauen. Diese kulturelle Eigenheit dann verinnerlicht, bemerkte ich, wie mich die ganze Zeit Leute anrempelten und ich diese Nach-Rechts-und-Links-Tanzen-wenn-man-aneinander-vorbei-will-Situation hatte. Irgendwann bemerkte ich, dass nicht die anderen mich anrempelten sondern ich sie. Hier geht man LINKS aneinander vorbei und man geht hier auch LINKS die Treppe hoch. Wie viele gehetzte Studententruppen ich auf dem Weg in den vierten Stock schon durcheinander gebracht zu haben schien. Alle brav hintereinander laufend und ich mit einem riesigen Rucksack und bepackt mit Büchern wie selbstverständlich auf der falschen Seite.
Queuing als Lebensphilosphie
Die Engländer lieben übrigens „queuing“, also sich irgendwo anzustellen. Und das behaupte ich jetzt nicht einfach nur, das wurde uns bei einem Einführungskurs zur britischen Kultur genauestens erklärt. (Vielleicht sollten sie das mit dem Linksdrang auch erklären, ich schlag das mal vor).
Ein Studentin erzählte, dass sie schon ein halbes Jahr in England lebt und in den ersten Monaten immer das Gefühl hatte, die Leute im Bus mögen sie nicht. Bis sie jemandem ihr Leid klagte und er fragte, ob Sie sich denn vielleicht nicht richtig am Bus anstellen würde. „Da ist keine Schlange, da steht niemand an“ – „Oh dear, there is always a queue on the Busstop, you just can’t see it. „ Die Engländer merken sich allen Ernstes die Reihenfolge, wie sie an der Bushaltestelle ankommen, um dann auch so in den Bus reingelassen zu werden. Manchmal dürfen Frauen und Kinder auch zuerst, wenn man einen echten britischen Gentelman trifft. Die Studentin aus Deutschland war immer vorgeprescht ganz nach dem Motto „Wer zuerst kommt, malt zuerst“ und kam damit nicht so gut an. Gesagt hat aber auch nie einer was. Anscheinend wissen die gar nicht mehr, dass sie sich anstellen, sie machen es einfach. Vielleicht ist es genetisch schon festegelegt. Never Mind.
Plötzlich sind alle so nett zueinander
Was man aber mal wirklich sagen muss, ist dass die Menschen hier so unglaublich nett und hilfsbereit sind. Manchmal fragen sie dich sogar einfach so, ob du Hilfe brauchst. Einmal war ich mit einem Kumpel auf dem Campusgelände unterwegs und wir haben ein bestimmtes Büro gesucht um uns bei der Harry Potter society einzuschreiben. In dem Moment, als wir kurz stehen blieben und uns etwas verloren umsahen erschien ein grüner Engel vor uns. Ein ältere Mann im grünen Shirt, mit „How can I help you?“ darauf. Er war einfach ein grüner Engel, weil er plötzlich einfach da war und fragte, ob er uns helfen könnte und uns dann zehn Minuten durch Gänge führte bis wir am richtigen Büro waren.
Wenn du einen schweren Koffer hast oder nach dem Weg fragst oder nur im Restaurant bestellst, kommt man fast immer ins Gespräch. Wenn jemand in Deutschland so nett ist, ist er entweder verrückt oder einsam oder man hatte einfach Glück. Hier sind die Leute oft so offen und nett, dass man denkt im nächsten Moment wird man zum Essen eingeladen. Kam leider noch nie vor aber ich glaube fest daran, dass es noch klappt 😉
Britisches Essen…najaaaa (Außer Carrot Cake)
Obwohl das mit dem Essen hier natürlich so eine Sache ist. Top Überleitung oder? Ich bin grad selbst überrascht^^. Es ist wohl relativ üblich, dass Briten mehrmals am Tag Fleisch essen. Manchmal sogar dreimal. Und manchmal sogar dreimal fünf verschiedene Fleischsorten gleichzeiteig. Mit so einer schwarzen Wurst, die nach Hundefutter riecht und diesen Baked Beans, die auf Toast gegessen werden. Und oft Lammfleisch und viele Kartoffeln in jeglicher Art und Form. Also nicht so meins.
Was aber eher meins ist ist die backkultur der Briten. Die lieben Backen. An der Uni gibt es sogar eine Baking Society, und als ich teilnehmen wollte war die schon voll. Das will was heißen. Vorallem Cupcakes lieben sie und Kuchen. Gingercake, Carrotcake, triplechocoatecake, Caramelcake. Manchmal stehe ich Stundenlang in der Süßigkeitenabteilung, packe ständig etwas in meinen Wagen und wieder raus, weil ich etwas noch leckereres gesehen habe. Hier gibt es auch ganz viele kleine fertige Küchlein und Muffins. Sowas habe ich mir in Deutschland immer gewünscht. Falls man mal einen Geburtstag verafft hat, kann man hier schnell zu Aldi oder Lidl (Ja die gibt’s hier auch und ja die haben sogar Schwarzbrot und die Küchlein) und einen wunderschönen, mit Marzipan und feen bestückten Küchen kaufen und einfach eine Kerze drauf stecken.
Außerdem prosten sich die Engländer hier bei jeder Gelegenheit mit „Cheers“ zu. Egal ob man aus dem Bus aussteigt, einen Bekannten trifft oder aus einem Laden geht. Stell dir mal vor bei uns würden alle in solchen Situationen „Prost“ sagen, das wär witzig. Vielleicht probier ich das zu Hause mal gleich aus. Ich schätze mal das mit dem Cheers rührt von der britisch, leicht exzessiven und schnell mal ausartenden Trinkkultur 😀 Cheers bedeutet hier übrigens so viel wie danke auch gern vermischt mit einem Tschüss.
Leave a reply